Die schreckliche Zeit des Nationalsozialismus hat auch in Bierstadt tiefgreifende Spuren und schmerzliche Wunden hinterlassen.
Es waren nicht nur Soldaten der Deutschen Wehrmacht und/oder SS-Helfershelfer der Nazis, die während des Krieges oder auch danach noch in den Kriegsgefangenenlagern und Lazaretten der Alliierten ihr Leben verloren.
Auch Zivilpersonen, Kinder, Frauen und Männer aus Bierstadt, kamen durch Bombenangriffe der US-Air Force und der Royal Air Force der Briten in den Bombennächten der letzten Kriegsjahre in den Luftschutzkellern ums Leben. Auf den Äckern machten Tiefflieger regelrecht Jagd auf Bauern, die ihre Felder bestellen oder ihre Ernte heimbringen wollten.
Kriegsgefangene, die die Deutsche Wehrmacht bei ihren Kämpfen, vorwiegend im Osten, gemacht hatte und die zur Zwangsarbeit im Deutschen Reich eingesetzt wurden - auch in Bierstadt - waren unter den Opfern, ebenso wie aus dem Osten deportierte Polen, Ukrainer, Tschechen und Russen – Frauen und Männer. Viele dieser Menschen litten unter unsägliche Demütigungen und Strapazen bei ihren „Arbeitgebern“. Es gab aber auch Fälle von Freundschaften zwischen „deutschen Volksgenossen“ und Gefangenen. Sehr zum Verdruss der örtlichen Nazigrößen, die diese kleinen menschlichen Regungen mit allen Mitteln zu unterdrücken versuchten.
Die kleine jüdische Gemeinde, die es vor 1939 in Bierstadt gab, war spätestens Ende 1943 komplett ausgelöscht. An die 30 Kinder, Frauen und Männer wurden von den Nazi-Schergen gedemütigt, deportiert und in Kozentrationslagern ermordet. Sie alle waren im Dorf seit Generationen verwurzelt, betrieben erfolgreich ihre kleinen Geschäfte, waren integriert. Viele waren mit anderen Bierstadter Mitbürgerinnen und Mitbürgern befreundet. Auch sie alle waren unsere Nachbarn, Freunde, Sportkameraden.
Erinnerungskultur - Gibt es die?
Alle diese Menschen verschwinden so langsam aus unserer Erinnerung. „Noch gibt es Frauen und Männer, die erzählen können (…)“, sagt Peter Riese und er hat Recht. Aber es gibt in Bierstadt bislang keine Einrichtung, kein Mahnmal, keine Dokumentation, die sich den gestorbenen, ermordeten und gefallenen Bierstadter Kinder, Frauen und Männer aus der Zeit der Nazi-Herrschaft erinnert. Diese Dokumentation „Die Rückkehr der Namen“ soll deshalb diese Lücke schließen.
Den Namen der Dokumentation „Die Rückkehr der Namen“ ist mit freundlicher Genehmigung einer gleichnamigen Sendereihe des Bayrischen Rundfunks entliehen, die im Wesentlichen die gleichen Ziele verfolgt, allerdings in größerem Umfang der Betroffenen für die Stadt München und ohne die Listung der ehemaligen Angehörigen der Wehrmacht und der SS. Diese spezifische Namensnennung der Bierstadter ist eine örtliche Besonderheit und soll dokumentieren, dass alle Bierstadter Mitbürgerinnen und Mitbürger vor 1933 ziemlich friedlich im Dorf zusammengelebt haben. Es soll aber keinesfalls verschwiegen werden, dass es auch in Bierstadt gewissenlose, brutale und verbrecherische Individuen gegeben hat, die durch ihr Auftreten, ihre Denunziationen und ihre verbrecherische geistig-moralische Gesinnung mit dazu beigetragen haben, den Nationalsozialismus für über zwölf Jahre zu dem gemacht zu haben, was er schließlich war: ein mörderisches, unmenschliches und verbrecherisches Regime. Auch die Namen dieser Männer und Frauen, die ihre Nachbarn und Mitbewohner denunziert, gepeinigt und gedemütigt haben, sollen hier genannt werden, soweit sie bekannt und belegt sind. Es wurde lange genug geschwiegen!
Gerhard Valentin